ENGEL IM GRAS – Bohrskulpturen in der Natur
Ein Ausflug ins Grüne bedeutet in Dortmund, wo meine Skulpturen das Licht der Welt erblicken, immer einen Trip in die menschengemachte Natur. Phoenix West ist so ein Transformationsareal, das besonders gut zu meinen biomorphen Arbeiten passt. Das Grün erobert sich die Industriebrachen zurück, am Bildrand jedoch dominieren unweigerlich Fernwärmerohre, Kühltürme und Hochöfen – oder vielmehr ihre morbiden Überreste.
Vier meiner umstrittensten und geliebtesten, unverkäuflichsten und kommerziellsten Skulpturen konfrontierte ich mit der urbanen Wildnis auf dem ehemaligen Stahlwerksgelände Phoenix West.
FRANCIS | Eschenholz | 76 x 56 cm
Mein armer, zerschundener Francis mit seinem provokant-strammen Hintern, inspiriert von Bacons ins Weltnichts geworfenen Kreaturen, kriecht im Staub vor dem erloschenen Feuerturm und suhlt sich dankbar im satten Gras. Ein gefallener Engel, ein Kraftprotz, ein Skulptur gewordener Lebenswille. – Bei Ihnen zuhause unbedingt auf seinem eigenen Teppich zu platzieren!
ENGEL III | Bronze auf Sandstein | 59 cm
Gold und Dreck. Wo sonst sollte ein Engel besser aufgehoben sein in seiner Unschuld, Anmut und Unbeflecktheit als im Staub der Sünde und der Vergänglichkeit? Unnahbar wie ein schimmernder Astronaut, im strotzenden Grün ein größtmöglicher Fremdkörper, spiegelt und verzerrt mein Engel Träume und Sehnsüchte. – Witterungsbeständig, aber höchst lebendig: Unter Zeit und Witterung verändert sich seine Patina.
PINK FLOYD | Lindenholz Dispersionsfarbe Wachs | 80 x 76 cm
Selten auf Ausstellungen gezeigt, ist Pink Floyd doch ein Globetrotter, Star mondäner Loftpartys, vertraut mit Guccikleidern und Bretzsofas. Übermütig wie ein Nilpferd im Tutu lässt er seine Muskeln spielen, versucht sich im Handstand, geht spielerisch zum Angriff über und kann doch nicht verhehlen, dass ihn jemand aus einem bonbonfarbenen Paralleluniversum zu uns gebeamt hat. – Danke dafür.
DIE SPIONIN | Bronze auf Sandstein | 98 x 56 cm
Sie beugt sich vor, sie lauscht und äugt, sie lauert im Treppenhaus und stalkt 007. Ins Grüne und vor die rostenden Industriekolosse verfrachtet, wird die Spionin zur stillen Beobachterin, zur Chronistin, zur Ornithologin, zur Historikerin. Und ja, auf einmal interessiert sie sich, hört zu, wird gar zur Trösterin. – Die Spionin ist witterungsbeständig, man stelle sie im Garten auf einen Stahl- oder Steinsockel und lasse sie über den Zaun zum Nachbarn blicken.
Fotos: Bruno de Piero